Religion in Albanien – Christliches oder muslimisches Land?

Albanien ist laut Verfassung ein sรคkularer Staat und als solcher „neutral in Glaubens- und Gewissensfragen“. Die am hรคufigsten praktizierten Religionen in Albanien sind der sรคkulare Islam, der Agnostizismus und das Christentum. Nach den Ergebnissen von 2013 bekennen sich 38 % der Albaner zum sรคkularen/nicht praktizierenden Islam, was ihn zur grรถรŸten Einzelreligion im Land macht. Die Mehrheit der albanischen Muslime sind sรคkulare Sunniten, mit einer bedeutenden schiitischen Minderheit der Bektaschi.

Das Christentum wird von 35 % der Bevรถlkerung praktiziert und ist damit die zweitgrรถรŸte Religion im Land. Der Rest der Bevรถlkerung ist entweder unreligiรถs oder gehรถrt anderen religiรถsen Gruppen an. Bei einer Volkszรคhlung vor dem Zweiten Weltkrieg ergab sich eine grobe Aufteilung der Bevรถlkerung: 70 % Muslime, 20 % Ostorthodoxe und 10 % rรถmisch-katholische Christen. Die Mehrheit der Albaner war vor der osmanischen Invasion auf dem Balkan griechisch-orthodox.

Et'hem Bey Moschee Tirana

Et’hem Bey Moschee Tirana

1967 wurden religiรถse Praktiken in Albanien offiziell verboten, was das Land zum ersten und einzigen verfassungsmรครŸig atheistischen Staat machte, den es je gab. Nach dem Fall des Staatskommunismus wurden 1991 die religiรถsen Aktivitรคten wieder aufgenommen. Unter den Menschen, die einer der vier groรŸen Religionen in Albanien folgen, gibt es eine Mischung aus verschiedenen religiรถsen Traditionen und heidnischen Traditionen aus der Zeit vor dem Christentum. Der angegebene orthodoxe Anteil kรถnnte aufgrund von Boykotten der Volkszรคhlung niedriger sein als der tatsรคchliche Wert, aber auch, weil die Volkszรคhlungsmitarbeiter es versรคumt haben, eine sehr groรŸe Anzahl von Menschen im Sรผden zu kontaktieren, der traditionell eine orthodoxe Hochburg ist.

Es gab weitere schwerwiegende Vorwรผrfe รผber das Verhalten der Volkszรคhlungsmitarbeiter, die sich auf die Ergebnisse der Volkszรคhlung 2011 ausgewirkt haben kรถnnten. Es gab einige Fรคlle, in denen die Mitarbeiter/innen den Fragebogen zur Religion ausfรผllten, ohne die Teilnehmer/innen zu fragen, oder in denen die Mitarbeiter/innen Bleistifte benutzten, die nicht erlaubt waren.

Doch selbst unter denjenigen, die eine Religion angegeben haben, hat die Mehrheit der Bevรถlkerung in Albanien eine eher sรคkulare Auslegung der Religion, als dies in anderen Lรคndern der Fall ist. Im August 2012 fand eine Pew Research-Studie heraus, dass nur 5-10 % der muslimischen Bevรถlkerung die Religion als einen sehr wichtigen Faktor in ihrem Leben betrachten.

Dies ist weltweit der niedrigste Prozentsatz unter den Lรคndern mit einer groรŸen muslimischen Bevรถlkerung. Eine andere Umfrage, die von Gallup Global Reports 2010 durchgefรผhrt wurde, zeigt, dass die Religion fรผr 25-39 % der Albaner/innen eine Rolle spielt, und listet Albanien als das dreizehnte am wenigsten religiรถse Land der Welt auf.

Bleimoschee oder Xhamia e Plumbit in Shkodra

Die Verfassung sieht Religionsfreiheit vor, und die Regierung erklรคrt, dass sie dieses Recht generell respektiert. Die Regierung bekennt sich zum Sรคkularismus. Es gibt keine offizielle Religion und alle Religionen sind gleichberechtigt; allerdings genieรŸen die vorherrschenden Religionsgemeinschaften (sunnitische Muslime, Bektaschi, Orthodoxe und Katholiken) aufgrund ihrer historischen Prรคsenz im Land ein hรถheres MaรŸ an offizieller Anerkennung (z. B. bei den nationalen Feiertagen) und sozialem Status. Zu den offiziellen Feiertagen gehรถren die heiligen Tage aller vier vorherrschenden Religionen.

Alle registrierten religiรถsen Gruppen haben das Recht, Bankkonten zu fรผhren und Eigentum und Gebรคude zu besitzen. Fรผr Familien gibt es keine Einschrรคnkungen hinsichtlich der Art und Weise, wie sie ihre Kinder in Bezug auf religiรถse Praktiken erziehen. Das allgemein freundschaftliche Verhรคltnis zwischen den Religionen in der Gesellschaft trรคgt zur Religionsfreiheit bei.

Der Import von Religion in das postkommunistische Albanien

Nachdem das kommunistische Regime 1944 die Macht in Albanien รผbernommen hatte, wurden Geistliche aller Glaubensrichtungen, einschlieรŸlich der muslimischen, rรถmisch-katholischen und รถstlich-orthodoxen, รถffentlich verunglimpft, gedemรผtigt, verfolgt und hingerichtet. Religiรถse Besitztรผmer wurden 1946 verstaatlicht und etwa zur gleichen Zeit wurden religiรถse Einrichtungen geschlossen oder in Lagerhรคuser, Turnhallen, Werkstรคtten oder Kulturzentren umgewandelt. In der kommunistischen Verfassung von 1976 wurde Albanien zum ersten konstitutionellen atheistischen Staat der Welt.

In Artikel 37 der Verfassung hieรŸ es: „Der Staat erkennt keine Religion an“ (Kushtetuta 1976). Die Albaner waren gezwungen, ihre Religion zu verleugnen, ihr Glaubenssystem zu รคndern und die neue sozialistische Lebensweise anzunehmen, die sรคkulare Gรถtter wie die Kommunistische Partei und ihre Fรผhrer pries. Das Bild des Parteifรผhrers ersetzte religiรถse Ikonen. Junge Menschen wurden ermutigt, weltlichen Zielen nachzugehen und ihr Leben fรผr kommunistische Gรถtter zu opfern.

Nach dem Fall des Kommunismus fรถrderten albanische Geistliche und auslรคndische Missionare die Wiederbelebung der Religiositรคt im Land. Da es in Albanien mehr als drei Jahrzehnte lang keine religiรถsen Einrichtungen und keinen Klerus gab, spielten auslรคndische Akteure eine wichtige Rolle bei der Rรผckkehr der Religion in das gesellschaftliche Leben und unter den jungen Menschen. Das postkommunistische Albanien ist ein Paradebeispiel fรผr den Import von Religion in ein ehemals atheistisches Land, in dem es keine qualifizierten Geistlichen, keine religiรถsen Einrichtungen und keinen starken religiรถsen Glauben gab.

Im freizรผgigen postkommunistischen Albanien maรŸen die Menschen, vor allem junge Menschen, der Religion und der Religiositรคt unterschiedliche Bedeutungen bei. BloรŸe Untersuchungen und Erhebungen รผber Glaubensgemeinschaften nach traditionellem Muster wรผrden keinen nรผtzlichen Einblick in die bedeutenden Verรคnderungen geben, die das religiรถse Feld in Albanien nach dem Fall des kommunistischen Regimes beeinflusst haben, und in die aktuellen Herausforderungen, denen sich neue und „traditionelle“ Konfessionen stellen mรผssen.

Der postkommunistische religiรถse Kontext wird von zwei gegensรคtzlichen Strรถmungen beherrscht: Die erste Strรถmung ist geprรคgt von der rechtlichen Organisation der Religionsausรผbung im รถffentlichen Raum, die den „traditionellen“ Religionen, die vom Staat anerkannt, aber autonom und unabhรคngig von ihm sind, Freiheiten und Gleichberechtigung gewรคhrt. Der andere Trend wird durch die Rituale und Praktiken von Glรคubigen aus dem Ausland geprรคgt, die auf die Grรผndung neuer autonomer Religionsgemeinschaften drรคngen.

Dieser Beitrag untersucht nicht den religiรถsen „Kommunitarismus“ im traditionellen Sinne, sondern untersucht die wichtigsten religiรถsen Identifikationen und gesellschaftlichen Beziehungen und erรถrtert deren Auswirkungen. Die Analyse stรผtzt sich auf Umfragedaten und freie und offene Interviews, die hauptsรคchlich mit Studierenden der politikwissenschaftlichen Fakultรคt der Universitรคt Tirana und der Europรคischen Universitรคt Tirana gefรผhrt wurden, sowie auf die Untersuchung verschiedener sozialer Netzwerke und nationaler Umfragen. Der Artikel ist in drei Teile gegliedert, in denen folgende Themen behandelt werden: Einblicke in die Literatur, der historische Hintergrund der Sรคkularisierung Albaniens und aktuelle religiรถse Trends und Praktiken.

Lizenzierung religiรถser Gruppen

Die Regierung verlangt keine Registrierung oder Zulassung religiรถser Gruppen, aber der staatliche Ausschuss fรผr Sekten fรผhrt Aufzeichnungen und Statistiken รผber auslรคndische religiรถse Organisationen, die ihn um Unterstรผtzung bitten. Wรคhrend des Berichtszeitraums haben keine Gruppen รผber Schwierigkeiten bei der Registrierung berichtet. Alle registrierten religiรถsen Gruppen haben das Recht, Bankkonten zu fรผhren und Eigentum zu besitzen. Religiรถse Bewegungen kรถnnen den offiziellen Status einer juristischen Person erlangen, indem sie sich beim Bezirksgericht Tirana gemรครŸ dem Gesetz รผber gemeinnรผtzige Organisationen registrieren lassen.

Das Gesetz erkennt den Status einer gemeinnรผtzigen Vereinigung unabhรคngig davon an, ob die Organisation einen kulturellen, freizeitorientierten, religiรถsen oder humanitรคren Charakter hat. Alle Religionsgemeinschaften haben die Regierung dafรผr kritisiert, dass sie nicht bereit ist, ihnen den Status der Steuerbefreiung zu gewรคhren. Seit 2003 sind auslรคndische religiรถse Missionare von der Aufenthaltsgenehmigungssteuer befreit.

Der staatliche Ausschuss fรผr Sekten, der dem Ministerium fรผr Tourismus, Kultur, Jugend und Sport unterstellt ist, hat die Aufgabe, die Beziehungen zwischen der Regierung und allen Religionsgemeinschaften zu regeln, die Religionsfreiheit zu schรผtzen und die interreligiรถse Zusammenarbeit und Verstรคndigung zu fรถrdern. Der Ausschuss behauptet, dass seine Aufzeichnungen รผber religiรถse Organisationen die Erteilung von Aufenthaltsgenehmigungen durch die Polizei an auslรคndische Mitarbeiter verschiedener religiรถser Organisationen erleichtern.

Wรคhrend des Berichtszeitraums hat keine Organisation Schwierigkeiten bei der Erteilung von Aufenthaltsgenehmigungen geltend gemacht. In der Regel wurden auslรคndischen religiรถsen Missionaren jedoch nur Aufenthaltsgenehmigungen fรผr ein Jahr ausgestellt, statt der gesetzlich erlaubten fรผnf Jahre fรผr Personen, die sich lรคnger als zwei Jahre im Land aufhalten. Wรคhrend des Berichtszeitraums hat der Ausschuss begonnen, mit der Regierung an Kriterien zu arbeiten, die etablierten religiรถsen Organisationen mit langfristigen Bindungen an das Land eine lรคngerfristige Aufenthaltsgenehmigung von bis zu 5 Jahren ermรถglichen sollen.

Es gibt kein Gesetz oder eine Verordnung, die religiรถse Organisationen dazu zwingt, den Ausschuss รผber ihre Aktivitรคten zu informieren; Artikel 10 der Verfassung sieht jedoch separate bilaterale Abkommen vor, die die Beziehungen zwischen der Regierung und den Religionsgemeinschaften regeln. Die katholische Kirche ist nach wie vor die einzige Religionsgemeinschaft, die ein solches Abkommen mit der Regierung abgeschlossen hat.

Der Ausschuss hatte das Mandat, Vereinbarungen mit den drei verbleibenden Gruppen auszuhandeln und setzte zu diesem Zweck im Mai 2006 eine Arbeitsgruppe ein. Berichten zufolge erzielte der Ausschuss eine Vereinbarung mit drei Gruppen – der muslimischen, der orthodoxen und der muslimischen Bektaschi-Gemeinde. Der protestantische Dachverband VUSH wandte sich an den Ausschuss, um ein bilaterales Abkommen auszuhandeln, hatte aber bis zum Ende des Berichtszeitraums noch keine Antwort erhalten.

6 Interessante Fakten รผber Religionen in Albanien

  • In Albanien ist es รผblich, dass Menschen mit verschiedenen Glaubensrichtungen heiraten.
  • Wie ich bereits erwรคhnt habe, war Religion in Albanien frรผher verboten. Der Grund dafรผr war die Bedrohung, die sie fรผr die politische und soziale Stabilitรคt des Landes darstellte. Da religiรถse Institutionen schon immer als opportunistisch galten und stark von der finanziellen Unterstรผtzung ihrer Sponsoren und Spender abhรคngig waren, stellten sie eine Gefahr fรผr die albanische Gesellschaft dar. Die Antwort auf dieses Problem ist also, das ganze Land in einen atheistischen Staat zu verwandeln und die atheistische Propaganda fortzusetzen, so Enver Hoxha.
  • Wรคhrend Enver Hoxhas Herrschaft wurden viele Kirchen und Moscheen zerstรถrt oder in Krankenhรคuser oder Kinos umgewandelt. Auch Glรคubige wurden bestraft und viele religiรถse Fรผhrer wurden getรถtet.
  • Der 18. Januar 1991 ist ein wichtiges Datum fรผr die Albanerinnen und Albaner, denn an diesem Tag kehrte die Religionsfreiheit in das Land Albanien zurรผck.
  • Dass Kirchen und Moscheen nebeneinander stehen, ist in Albanien ein alltรคglicher Anblick.
  • Die Et’hem Bey Moschee ist eines der รคltesten und historischsten Gebรคude Albaniens. Sie ist auch einer der meistbesuchten Orte fรผr Besucher. Mit dem Bau der Moschee wurde Ende des 18. Jahrhunderts begonnen. Sie ist auch ein Symbol fรผr die Religionsfreiheit.

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